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Archive for März 2012

Ich weiß noch genau, dass unsere Musiklehrerin in der Schule mit uns „Die Dreigroschenoper“ von Bertolt Brecht besprochen hat und ich damals weder von der Inszenierung, noch von dem Inhalt sonderlich begeistert war. Brecht hat sich damals von John Gays „The Beggar’s Opera“ inspirieren lassen und die Entstehung eben jenes Stückes wird nun in „Gegen alle Zeit“ auf interessante Weise beleuchtet, die sogar mich zum Staunen gebracht hat.

Über den Autor (von amazon.de):

Tom Finnek, 1965 in Westfalen geboren, lebt als Filmjournalist und Schriftsteller in Berlin. Als Autor (unter dem Namen Mani Beckmann) beschäftigt er sich schon länger mit historischen Stoffen, insbesondere zum Münsterland. Für ihn ist London mit seiner langen, wechselhaften Geschichte genauso faszinierend wie Berlin. Tom Finnek ist verheiratet und hat zwei kleine Söhne, auf die er sehr stolz ist.

Zum Inhalt:

Henry Ingram, Schauspieler am London Theatre, erwacht nach einer gelungenen Aufführung als Captain Macheath in einem stinkenden, dunklen Loch, welches mehr an einen Kuhstall als an eine Schlafstätte erinnert. Die ganze englische Hauptstadt wirkt über Nacht irgendwie verwandelt und ähnelt mehr dem Stadtbild aus Geschichtsbüchern. Hat die Theater-Crew, während er seinen Rausch ausgeschlafen hat, ein Meisterwerk vollbracht und unzählige Straßen in ein antikes Bühnenbild verwandelt oder ist die Erklärung dafür vielleicht woanders zu finden?

Völlig orientierungslos sucht er das Gespräch zu seinen Mitmenschen und trifft eine zwielichtige Gaunerbande, bestehend aus Huren und Beutelschneidern, die auf dem Weg sind den berüchtigten Jack Sheppard aus dem Gefängnis zu befreien und Henry soll dabei helfen..

Wurde Ingram tatsächlich dreihundert Jahre in die Vergangenheit geschickt oder ist das alles nur ein besonders schlimmer Kater?

Als er zufällig Blut an seinen Händen riecht, kommt langsam die Erinnerung an seinen letzten Abend in der Gegenwart bzw. Zukunft zurück und damit ein furchtbarer Verdacht: hat er einen Mann getötet, der seine Freundin erobern wollte? Ist die Zeitreise eine Strafe für die Tat oder hat Henry eine andere Aufgabe vor sich, die vielleicht sogar mit der noch nicht geschriebenen Bettlersoper zusammenhängt?

Größte Priorität hat aber erst das Überleben, denn im 18. Jahrhundert gelten härtere Regeln.

                               But now see it is time for us to withdraw;
                               the Actors are preparing to begin.
                               Play away the Overture.
 
                               Aber jetzt ist es Zeit, dass wir uns zurückziehen;
                              die Schauspieler bereiten sich vor anzufangen.
                              Spielt die Ouvertüre.
 
                              John Gay, The Beggar’s Opera, Einführung

Meine Meinung:

Wer den ersten Teil der London-Reihe („Unter der Asche“) schon kennt, darf sich auf ein Wiedersehen mit Geoffrey Ingram freuen. Geoff ist erwachsen geworden und hat sich durch sein Gerede über den Brand von London allerdings unbeliebt gemacht, da niemand seinen Berichten lauschen möchte und das Feuer vergessen will. Er hat sich nebenbei auch mit den falschen Leuten angelegt und daraufhin ein Bein verloren, wodurch er nun mit einem Holzbein durch die „Slums“ von London geistert und seinem Ruf als „Irrer Geoff“ mit Tratsch und Klatsch gerecht wird.

Der Roman ist in sieben Abschnitte eingeteilt und jeder wird aus einer anderen Sicht erzählt. Durch die Perspektivenwechsel bekommen wir eine schöne Einsicht in jede Gesellschaftsschicht, da nicht nur die Hure Bess oder der Streuner Blueskin, sondern auch das Leben des ehrwürdigen Maestro Pepusch, der die Musik und John Gay, der den Text für die Oper lieferte, beleuchtet.

Tom Finnek gelingt es durch eine gute Mischung aus historischen Material, wie Beschreibungen der Kleidung der Menschen und deren hygienischen Zustand, sowie Henrys neuzeitlichem Denken, den Ton der Zeit zu treffen und dabei aber nicht zu altbacken zu werden. Durch seine gute Recherche zum Räuber Jack und seinen Anhängern (die im Nachwort noch einmal deutlich wird) bleibt er zwar weitestgehend an den historischen Fakten, dennoch könnte „Gegen alle Zeit“ ebenso ein Abenteuer-Roman sein, da durch diverse Verfolgungsjagden richtig Schwung in die alten Gassen kommt.

Ich habe mich jedenfalls keineswegs gelangweilt, was bei historischen Romanen nicht selten vorkommt und mit den straffälligen Protagonisten mitgefiebert, was nicht zuletzt daran liegt, dass das Gesetz in diesem Falle eher die Rolle der Bösewichte zuzuordnen wäre.

Außerdem schwebt die Frage nach Henrys Verbleib über allem und die Leser werden zum Schluss selbst schwanken zwischen bleiben und gehen, denn in dem ganzen Chaos entwickelt sich sogar eine kleine Liebesgeschichte – mit wem wird aber nicht verraten. 😉

Mein Highlight war ein „Ausflug“ in das Irrenhaus Bedlam („Bethlem Royal Hospital“), der super Vorlagen für mein Kopfkino lieferte und mit Witz, Spannung und schriftstellerischem Geschick aufwartete. Die Tatsache, dass Besucher gegen ein kleines Eintrittsgeld die Patienten schikanieren konnten, war dazu ein interessantes Zusatzwissen, was die Frage erlaubt, wer nun normaler ist..

Erwähnen möchte ich auch noch die wunderschönen Illustrationen von Tina Dreher zu Beginn der Kapitel, die trotz (oder wegen?) der schwarz-weißen Schattierungen sehr aussagekräftig sind und die passende Stimmung zu den Szenen verbreiten.

London war wie immer ein perfekter Schauplatz für ein Buch und vielleicht verschlägt es mich bei einem Besuch in Übersee sogar in das London Theatre zu einer Aufführung von Captain Macheath und seinen Freunden. 🙂

Gebundene Ausgabe: 541 Seiten

Verlag: Bastei Lübbe (Lübbe Ehrenwirth); Auflage: 1 (25. November 2011)

ISBN Nummer: 978-3431038439

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Über die Autorin (von amazon.de):

Rebekka Pax wurde 1978 in Mülheim geboren. Nach Abschluss eines Studiums der Skandinavistik und Archäologie war sie mehrere Jahre sowohl in Amerika als auch in Deutschland beim Film tätig. In ihren Romanen schreibt Rebekka Pax über ihre zweite Heimat Los Angeles. Heute lebt sie mit zwei Katzen in ihrer Geburtsstadt und arbeitet, wenn sie nicht gerade schreibt, als Archäologische Zeichnerin.

Zum Inhalt:

In Los Angeles‘ Untergrund tobt ein Kampf der Vampir-Clans. Der mächtige Meister Gordon rüstet seine Truppe mit wilden Jungvampiren auf, die Jagd auf menschliches Blut machen und sich nicht scheuen, zu töten – damit ruft er öffentlich zum Angriff. Nur ein magisches Messer kann ihn und seine Untertanten aufhalten. Der gefürchtete Vampirjäger Frederik ist der Träger dieser einflussreichen Reliquie und starb, bevor seine Verfolger ihm das Versteck der Waffe entlocken konnten. Er hat seine Schwester Amber als Adeptin auserwählt, die aber noch nichts von ihrer neuen Gabe weiß. Julius Lawhead hat von seinem Meister den Auftrag bekommen, sie zu seiner Dienerin zu machen, um Gordon das Handwerk zu legen.

Meine Meinung:

Mit Vampiren kann man als Autor gerade wunderbar auf den erfolgreichen „Twilight“-Hype aufspringen und jung und alt mit diesen nachtaktiven Kreaturen begeistern. Mich selbst kann man in dieser Hinsicht nur mit dem Original Dracula überzeugen, jedoch nicht mit seinen liebestrunkenen Vertretern. Meine Erwartungen bei „Septemberblut“ waren demnach relativ gering und so wurde ich wenigstens in dieser Hinsicht nicht enttäuscht.

Bei der Lektüre stellt man schnell fest, dass die Beziehung zwischen Amber und Julius einen großen Raum einnimmt, doch schon der Beginn dieser Liebe ist in meinen Augen schlichtweg unglaubwürdig. Innerhalb weniger Stunden werden aus Fremden, zwei Menschen, die nicht mehr ohne einander leben wollen und besonders Amber vertraut beinahe blind Julius‘ Versprechen, obwohl er sie heimlich zu seiner Dienerin macht, ihre Gedanken beeinflusst und natürlich von ihr trinkt. Der Ärger über dieses Verhalten verfliegt aber in Sekundenschnelle und nicht einmal der dominante, zum Teil sogar herrische Tonfall ihres „Geliebten“ kann ihre Gefühle ins Wanken bringen.

Die Rangordnung und damit einhergehend auch der Gehorsam werden sowieso sehr in den Fokus gestellt und bereiten dem Protagonisten schon bald Probleme. Allerdings werden durch diese Szenen mit unterwürfigen Gesten die stolzen und starken Vampire für meinen Geschmack ins Lächerliche gezogen. Einige Gebaren erinnern zu deutlich an Hunderudel und werden durch häufige Wiederholungen etwas zäh und langweilig.

Für die Autorin ist L.A (laut Danksagung) zu einer zweiten Heimat geworden, doch ich finde diesen Schauplatz nicht unbedingt gelungen und habe auch nicht den Charme der Region gespürt. Die Straßen und der Sunset Boulevard hätten für eine Ortskundige gerne mit mehr Liebe zum Detail vorgestellt werden könne, obwohl Deutschland als Ort des Geschehens vielleicht sogar noch origineller gewesen wäre. Lediglich der „Hollywood Forever Cemetry“ – Friedhof und Julius‘ Ruhestätte – haben mich neugierig gemacht.

Die Bewertung ist mir ziemlich schwer gefallen und ich muss gestehen, dass ich diesen Roman wahrscheinlich nicht zu Ende gelesen hätte, wenn nicht der Nachfolger schon auf meine Rezension warten würde.

Trotz vieler Klischees, die aber bei der Fülle an vergleichbaren Büchern schwer zu umgehen sind, hat mir der Clan der Leonhardts besser gefallen als Edward Cullen und seine Familie, was für eine deutsche Autorin vielleicht im Endeffekt doch noch ein Kompliment ist. 🙂

Auf „Flammenmond“ bin ich dennoch gespannt und hoffe auf viele vampirwürdige Gegner mit reichlich Action, denn die Brutalität der Folterszenen und die heftigen Duelle standen im guten Kontrast zu dem schnulzigen Pärchen. 😉

Taschenbuch: 512 Seiten

Verlag: Ullstein Taschenbuch (7. Dezember 2010)

ISBN Nummer: 978-3548282480

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Vor einiger Zeit hatte ich das Glück, für „Die Gewürzhändlerin“ als Rezensentin ausgewählt zu werden und danach hatte ich mir vorgenommen, unbedingt noch den Vorgänger zu lesen. In einer autorenbegleiteten Leserunde konnte ich nun die Anfänge von Luzia und ihrer Herrin entdecken und mich von Petra Schier wieder in das Mittelalter entführen lassen.

Über die Autorin (von amazon.de):

Petra Schier, Jahrgang 1978, lebt mit ihrem Mann in einer kleinen Gemeinde in der Eifel. Sie studierte Geschichte und Literatur und arbeitet mittlerweile als freie Lektorin und Autorin. Schon in ihren ersten beiden Romanen «Tod im Beginenhaus» und «Mord im Dirnenhaus» löste die Apothekerstochter Adelina mit Scharfsinn und Dickköpfigkeit Kriminalfälle im mittelalterlichen Köln.

Zum Inhalt:

Elisabeth von Küneburg ist der Stolz ihres Vaters – wohlerzogen, wunderschön und mit einem Edelmann verlobt – doch eine drohende Familienfehde zwingt das Oberhaupt dazu, seine Tochter bei Freunden in Sicherheit zu bringen. Auf Burg Kempernich macht sie Bekanntschaft mit der Magd Luzia und durch ihr sonniges Gemüt entwickelt sich schnell eine innige Freundschaft zwischen den Frauen. Ganz und gar nicht freundlich ist dagegen das Treffen mit dem Ritter Johann von Manten, der sie mit seinem ungehobelten Temperament fast aus der Fassung bringt. Als dann aber Elisabeths Verlobter völlig überraschend verstirbt, muss sie sich Gedanken um einen geeigneten Nachfolger machen – doch eins weiß sie bestimmt: niemals schenkt sie ihr Herz Johann von Manten.

Meine Meinung:

Ein bisschen geärgert habe ich mich darüber, dass ich „Die Gewürzhändlerin“ vor „Die Eifelgräfin“ gelesen habe, denn so wusste ich natürlich schon, wer die Geschichte überlebt und ob es ein Happy End zwischen den Streithähnen gibt. Nichtsdestotrotz war es wieder sehr unterhaltsam und ich habe mich keineswegs gelangweilt – dazu ist das Leben auf Burg Kempenich auch schlichtweg zu ereignisreich.

Die Pest darf in einem Roman des 14.Jahrhunderts natürlich nicht fehlen und so müssen wir um unsere liebgewonnenen Charaktere bangen, denn auch vor den dicken Mauern einer Festung macht das tückische Bakterium nicht halt und rafft die Menschen qualvoll dahin. Die schrecklichen Symptome sind hinlänglich bekannt und doch habe ich die Seiten mit Abscheu und zugleich Faszination verschlungen. Die teilweise verzweifelten Versuche die Krankheit aufzuhalten und hilflose Bemühungen, um es den Sterbenden in ihren letzten Atemzügen aus Loyalität ihnen gegenüber möglichst angenehm zu machen und sich dabei selbst zu infizieren, lassen uns mit dem heutigen Wissensstand nur den Kopf schütteln. Neu war für mich, dass es einigen glücklichen Seelen vergönnt war, diese unsagbare Krankheit zu überstehen und so gottesfürchtig wie die Menschen in der Eifel damals waren, wirkt es wie ein Geschenk des Himmels.

Bei dem Schreibstil konnte mich der typische Schier-Stil mit seiner Leichtigkeit und Bildhaftigkeit wieder komplett überzeugen und ich musste mich fast ein bisschen bremsen, um nicht durch das Buch zu rasen.

Positiv bemerken muss ich noch, dass wir weiblichen Leser uns nicht mit ewigen Macht- oder Schwertkämpfen auseinandersetzen müssen, sondern einfach einen angenehmen Nachmittag mit einer leichten und doch historisch vielschichtigen Lektüre genießen können. „Die Eifelgräfin“ mutet fast wie ein mittelalterliches Märchen an, bei dem sich die schöne Burggräfin mit Hilfe ihres mutigen Ritters gegen einen gemeinen Feind (ihren Onkel) verteidigen muss. 🙂

Petra Schier ist eine Autorin, die den Kontakt zu ihren Lesern sucht und mich mit ihrem umfangreichen Wissen zu all unseren Fragen gefesselt hat – ihr ist es wirklich gelungen, mein Interesse für historische Romane neu zu entfachen!

Taschenbuch: 576 Seiten

Verlag: rororo; Auflage: 2 (1. Oktober 2009)

ISBN Nummer: 978-3499249563

Hier ist übrigens meine Rezension zu dem tollen Nachfolger:

„Die Gewürzhändlerin“ von Petra Schier

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Über die Autorin (von amazon.de):

Marlies Ferber wurde im Jahr von ‚Man lebt nur zweimal‘ geboren, nicht weit entfernt vom Geburtsort von Ian Flemings James Bond, der bekanntermaßen in Wattenscheid das Licht der Welt erblickte. Marlies Ferber erhielt als Buchlektorin die Lizenz zum Töten von Schusterjungen und Hurenkindern. Die freie Autorin und Übersetzerin lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern im Ruhrgebiet.

Zum Inhalt:

Man ist so alt wie man sich fühlt.

James wäre nach dieser Redensart in der Blüte seines Lebens, dabei ist er schon siebzig Jahre alt und denkt aber keineswegs daran, sein Dasein als trostloser Rentner zu fristen. Als Ex-Geheimagent wartet nämlich schon der nächste und gleichzeitig sehr persönliche Fall auf ihn.

Sein bester Freund William Morat hat sich nach dem Tod seiner Frau in eine Seniorenresidenz in Hastings, Südengland zurückgezogen und starb nur kurze Zeit später völlig überraschend an einem angeblichen Herzstillstand. Eine Postkarte mit einem Limerick und der dringenden Bitte um Rückruf lässt bei James aber die Alarmglocken klingeln. War sein Freund in Schwierigkeiten?

Ohne zu zögern mietet er sich ein Zimmer in dem schönen Altersheim „Eaglehurst“ und stolpert beinahe über die nächste Leiche. Was hat das alles zu bedeuten?

                                            „Who is the cat,
                                             who is the mouse,
                                             beware of the trap
                                             and try to find out.“

Meine Meinung:

Bei literarischen Reisen in das schöne London packt mich immer das Fernweh und ich würde am liebsten sofort zum Ort des Geschehens fliegen, weil die Uhren dort im wahrsten Sinne anders ticken und bei einer schönen Tasse Tee die heimtückischsten Morde stattfinden.

Bei diesem Buch ist es ein ganz besonderer Ausflug, denn ein Pflegeheim ist eigentlich kein Schauplatz für einen humorvollen Krimi, doch die Umsetzung dieser Idee ist einfach nur amüsant und überzeugt mich von der ersten bis zur letzten Seite. Mit britischem Humor werden wir durch die teilweise gefährlichen Ermittlungen geleitet und die Verbindung zu der unvergleichlichen Miss Marple endet nicht mit dem Namensvetter und Polizisten „Ruthersford“, sondern fängt da erst an und führt wie ein roter Faden an gelungener und spannender Täter-Suche durch die Lektüre.

Im Epilog wird deutlich, wie sehr der Autorin ihre Charaktere ans Herz gewachsen sind und genau darum macht das Lesen so viel Spaß, weil es nicht einfach Personen sind, die schnell zu Papier gebracht wurden, sondern wie alte Freunde auf den Leser wirken und mit ihrer herrlich skurrilen Art bezaubern.

Ältere Menschen werden ja sehr gerne als meckernde Rentner oder unzufriedene Greise verspottet, doch Marlies Ferber schafft Protagonisten, die so fit in Kopf und Körper sind und dazu noch viel Humor beweisen, dass ich in manchen Situation als 22-Jährige gerne mit ihnen Zeit verbracht hätte. Wie kleine Kinder freuen sie sich auf ihren monatlichen „Eaglehurst-Ball“ und schmuggeln von außerhalb massenweise Alkohol in ihre Zimmer, zudem hat James von seiner reizenden Assistentin einen futuristischen Rollator bekommen, der beweist, dass auch mit siebzig Jahren der Spaß an schnellen und außergewöhnlichen Fahrmobilien bei Männern nicht stirbt. 😉

Auf 272 Seiten habe ich so viele tolle Charaktere kennen gelernt und über noch mehr witzige Szenen gelacht, sodass ich mich gar nicht entscheiden könnte, wer mein absoluter Liebling ist – doch selbst eigentlich unscheinbare Personen, wie ein eifriger Taxi-Fahrer habe ich in mein Herz geschlossen, deshalb freue ich mich riesig auf eine Fortsetzung, die voraussichtlich im Winterprogramm 2012 des dtv-Verlags erscheinen wird.

Ich habe nur einen einzigen James Bond Film gesehen und das hat mir gereicht um seitdem einen großen Bogen um Pierce Brosnan & Co. zu machen. Ich bin sehr froh und dankbar, dass Marlies Ferber uns Frauen ein echt sympathisches „Bond-Girl“, welches nicht nur gut aussieht, sondern die Fahne von starken Damen hochhält, und zusätzlich noch einen Bond-Opi geschenkt hat, der viel cooler, liebenswürdiger und tougher ist, als jeder amerikanische Mitvierziger. 🙂

Thank you for such a wonderful time.

Taschenbuch: 272 Seiten

Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. Februar 2012)

ISBN Nummer: 978-3423213455

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Das Übel kommt nicht von der Technik, sondern von denen, die sie missbrauchen.

Jacques-Yves Cousteau

Über den Autor (von amazon.de):

Frank Maria Reifenberg, seit 20 Jahren Wahlkölner, im Westerwald aufgewachsen, nach dem Abitur Ausbildung zum Buchhändler, danach Texter in Public Relations-Agenturen, später mit eigener Agentur, zum Jahrtausendwechsel noch einmal von vorne begonnen: Ausbildung an der Internationalen Filmschule Köln. Schreibt seit über zehn Jahren Drehbücher und Konzepte für Film und Fernsehen, Romane und Erzählungen oder auch mal das Libretto für eine Jugendoper, wenn man ihn wie die Bayerische Staatsoper darum bittet.

Zum Inhalt:

Josie wurde eines von diesen Missbrauch-Opfern und wird im Internet in Zukunft wohl bedeutend vorsichtig sein, wenn es um den sorglosen Umgang mit Chat-Bekanntschaften und den Einsatz ihrer Webcam geht.

Ihr Vater ist Mitglied einer Glaubensgemeinschaft, deren Ansichten er auch Zuhause rigoros umsetzt. Seine Tochter versucht mit aller Kraft sich ein bisschen Freiraum zu erarbeiten und flüchtet nach ihrer Arbeit im Pflegeheim vor ihren Laptop zu Geronimo. Mit diesem Bekannten kann sie über all ihre Probleme sprechen und fühlt sich bei ihm geborgen. Als dann aber der süße Italiener Felix in ihr Leben tritt, will sie ihm zu Liebe den Kontakt zu dem Unbekannten abbrechen, doch der geht in die Offensive und zeitgleich tauchen sehr intime Bilder der Jugendlichen auf, die nur ein geschickter Computer-Hacker auf illegale Weise erschleichen konnte. Will er Josie erpressen oder steckt noch mehr dahinter?

Vor 34 Jahren hatte ein Junge dagegen ganz andere Probleme. Die Flucht seiner Familie aus der DDR verlief problematisch und der kleiner Sohn „Tommi“ muss nun elternlos in einem Heim untergebracht werden. Dort durchlebt er die schlimmsten Jahre seines Lebens und wird gemobbt, misshandelt und ohne Liebe großgezogen. Wie viel verkraftet eine unschuldige Kinderseele und wie hoch ist die Hemmschwelle, um in der Gegenwart selbst zum Monster zu werden? Zwei tote Mädchen pflastern schon seinen Weg..

Meine Meinung:

Das Thema von Internet-Kriminalität geht uns alle etwas an, denn selbst Grundschüler haben heutzutage einen eigenen PC in ihrem Zimmer, um mit Freunden in Kontakt zu bleiben und wissen dabei gar nicht, wie schnell man ins Visier von Perversen oder Verbrechern gerät. Da ist die Idee von Frank Reifenberg die Kinder mit Hilfe eines fiktiven Falls an die Problematik zu führen, gut und wichtig. Leider werden die technischen Hintergründe nur am Rande behandelt und viel schlauer war ich als bekennender Technik-Loser hinterher auch nicht. Natürlich hätte eine intensive Durchleuchtung der Thematik den Rahmen des Thriller gesprengt, doch ein paar Tricks und Tipps zur Prävention mehr wären meiner Meinung nach passend gewesen.

Leider durchschaut man die Zusammenhänge der Handlung ziemlich schnell, wodurch schon nach ¼ der Seiten die Auflösung relativ klar war. Danach ist die Spannung natürlich etwas gedämpft und kommt auch nicht mehr richtig in Gang. Durch insgesamt vier verschiedene Perspektiven versucht der Autor zwar noch ein bisschen Schwung in die Geschehnisse zu bringen, doch dabei entscheidet er sich für die langatmigste Position, die der leitenden Ermittlerin Stella, als die ausführlichste Sichtweise. Über sie erfahren wir am meisten, allerdings mehr über ihr Privatleben und den Zwist im Präsidium, wodurch wiederum die Erzählweise etwas zäh wird und der Fall, insbesondere durch von ihr verordnete freie Wochenenden (trotz lebensbedrohlicher Situation des Mädchens) stagniert.

Insgesamt fehlt mir eindeutig die Tempo-Komponente und eine Portion Spannung in dem Thriller. Bücher aus meinem Lieblingsgenre verschlinge ich sonst ohne Probleme an einem freien Lese-Tag, doch bei „Unsichtbare Blicke“ habe ich für die Abschnitte sehr lange gebraucht und hätte statt dem Fokus auf Stellas eher langweiligen Arbeitsalltag lieber mehr von den Machenschaften solcher Hacker oder auch der Vergangenheit des Heimkinds Tommi als Zeitzeugen der DDR und ihrem totalitären Staat erfahren, was zusätzlich noch die Geschichtskenntnisse der Leser aufgefrischt hätte.

An dem Schreibstil lag die ungewöhnliche Lese-Dauer nicht, denn da hat der Autor sich optimal auf die Zielgruppe eingelassen – geradlinig und klar.

Es waren mir definitiv zu wenig Thriller-Elemente eingebaut, denn die entscheidenden Stellen, wie die Entführung oder die Leiden der gefangenen Mädchen waren mir einfach nicht genügend beschrieben. Es erinnert mehr an einen Roman, die vor den Folgen von Unachtsamkeit im Internet spricht, als an dramatische Lesestunden, doch fairerweise muss ich sagen, dass diese Kritik vielleicht etwas abgeschwächt wird, wenn man bedenkt, dass die angesprochene Altersgruppe zwischen 16 und 17 Jahren liegt. In diesem Alter hat man wahrscheinlich noch keinen großen Verschleiß an Thrillern und findet mit diesem eher „harmlosen“ Vertreter einen angenehmen Start in das Genre und durchschaut die Handlung somit vielleicht nicht sofort.

Mehr als drei Sterne kann ich trotz abschreckender Wirkung und (hoffentlichem) Lern-Effekt auf das Publikum aber nicht vergeben. Meine Webcam bleibt auf jeden Fall verdeckt, damit unsichtbare bzw. fremde Blicke keine Chance haben. 🙂

Broschiert: 400 Seiten

Verlag: rororo (1. März 2012)

ISBN Nummer: 978-3499216176

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Über den Autor (von amazon.de):

Kevin Brooks, geboren 1959, wuchs in einem kleinen Ort namens Pinhoe in der Nähe von Exeter/Südengland auf. Er studierte in Birmingham und London. Sein Geld verdiente er lange Zeit mit Gelegenheitsjobs. Seit dem überwältigenden Erfolg seines Debütromans ›Martyn Pig‹ ist er freier Schriftsteller.

Für seine Arbeiten wurde er mit renommierten Preisen ausgezeichnet, u.a mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis und dem Buxtehuder Bullen. Für den Deutschen Jugendliteraturpreis wurde er innerhalb von fünf Jahren vier Mal nominiert und hat den begehrten Preis auch schon zwei Mal erhalten – 2006 für ›Lucas‹ und 2009 für ›The Road of the Dead‹.

Zum Inhalt:

„Die Polizei – dein Freund und Helfer.“

Privatdetektiv John Craine würde bei diesem Sprichwort wohl herzlich lachen! Helen Gerrish ist seine neueste Mandantin und beauftragt den Witwer mit einem sehr persönlichen Anliegen. Ihre Tochter Anna ist seit vier Wochen spurlos verschwunden und die Ermittlungen der Polizei haben nach dieser langen Zeit noch keine Erfolge erzielt. Man vermutete, dass die junge Kellnerin freiwillig von Zuhause ausgerissen sei, um ein besseres Leben ohne Verpflichtungen zu führen, welches sie irgendwann aber wieder in die vertraute Wärme der Familie treiben würde. John beginnt seine Arbeit und findet schon bald Einzelheiten über das Mädchen heraus, die so gar nicht in das heile Bild der Eltern passen dürften. Als sich dann aber Detective Chief Inspector (DCI) Mick Bishop in die Suche einklinkt, spürt er, dass es hierbei um viel mehr geht, als die verschwundene Anna und sein Jagdinstinkt nimmt die Fährte auf.

Meine Meinung:

Bishop ist ein fieser Kerl, der mit Korruption, Erpressung und den richtigen Verbindungen zu obersten Instanzen mit einem Anruf eine regelrechte Armee zu Leuten schicken kann, die ihm im Weg stehen und braucht dabei keinerlei Konsequenzen bei seinen brachialen Anweisungen zu fürchten. John ist aber trotz augenscheinlichem Nachteil nicht hilflos, schließlich hat er mit seinem Neffen Cal ein technisches Genie an seiner Seite, der gemeinsam mit seinem „Onkel Johnny“ ein dynamisches Duo bildet.

Ein wichtiger Teil des Charakters sind die Erinnerungen an seine geliebte Stacey! Ihr Verlust und die Erinnerungen an den Tatort sind auch 16 Jahre danach noch ein Schock. Wie Gespenster arbeiten diese sich hauptsächlich in den einsamen Abendstunden wieder an die Oberfläche und zerren ihn in ein schwarzes Loch. Wir Leser erfahren in (kursiv gedruckten) Bruchstücken immer neue Details darüber und so sind diese Passagen sehr emotionale Einschübe, die das Wesen des Detektivs in neuem Licht erscheinen lassen.

Einzig die vielen Süchte des Protagonisten habe ich als etwas störend empfunden, da er sich nicht nur zu jeder Tages- und Nachtzeit gerne einen Drink genehmigt, sondern auch alles mit seiner Kettenraucherei verqualmt. Um das Klischee der verlotterten Spürnase abzurunden, kann er auch auf eine Drogen-Vergangenheit zurückschauen und bedient sich zudem noch an den Aufputschmitteln seines Neffen.
Wenn man bedenkt, dass er seine Frau durch einen schrecklichen Mord in seinem eigenen Haus verloren hat und die grausam zugerichtete Leiche als Erster entdecken musste, kann das natürlich eine Erklärung dafür sein, dass er die Substanzen als Ersatz für die Trauer in seinem Herzen konsumiert. Ich habe allerdings in letzter Zeit zu viele Krimis gelesen, in denen Cops auf ihre tägliche Dosis Schnaps, Whisky, etc. nicht verzichten können und finde es besonders in Johns Fall sehr ärgerlich, dass er dadurch häufig keinen klaren Gedanken mehr fassen kann und deswegen leichte Beute für seinen Widersachter Bishop wird.

Das kolossale Ende bietet aber auch durchaus noch Potenzial für eine Fortsetzung und manch offene Frage ruft gerade danach. Kreiert der Autor vielleicht sogar einen neuen Harry Hole? Dieser ging von Jo Nesbo auch als trinkender Ermittler in die erfolgreiche Reihe und kämpft in jedem Band erneut gegen seine Laster. John und/oder Kevin Brooks könnte(n) ohne weiteres in dessen Fußstapfen treten, denn das Finale überzeugt auf fantastischen dreißig Seiten mit Spannung, die sich Schlag auf Schlag steigert. Vielleicht kann eine starke Frau an Johns Seite und eine gute Therapie ihn zu einer erneuten Topform verhelfen und dann gibt es auch den fünften Stern. 🙂

Vielen Dank an den dtv-Verlag auch für dieses spannende Rezensionsexemplar!

Taschenbuch: 400 Seiten

Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. November 2011)

ISBN Nummer: 978-3423213295

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Über den Autor (von amazon.de):

V. K. Ludewig betätigte sich nach seinem Anglistikstudium u.a. als Manager eines Indie-Labels, Ghostwriter, Übersetzer, Redakteur, Fernseh- und Buchautor. 2000 erschien sein Ratgeber ›Nur nicht aus Liebe weinen?‹, der zu einem Klassiker der schwulen Selbsthilfeliteratur wurde. ›Ashby House‹ ist sein Debüt als Romanautor.

Zum Inhalt:                                  

„Ihr Lieben, nehmt euch in Acht, das Unheimliche kommt nicht nur bei Nacht.“ (R. L. Stine „Gänsehaut“)

Das mussten auch die Schwestern Lucille und Laura Shalott, die neuen Besitzer von dem ehrwürdigen Ashby House, ziemlich schnell feststellen.
Lucille ist eine der berühmtesten Fotografen der Welt und die Presse vergöttert sie. Nach einem tragischen Unfall, seitdem sie ihre Beine nicht mehr bewegen kann und auf einen Rollstuhl angewiesen ist, meidet sie jedoch das Blitzlichtgewitter und zieht sich von Bel Air in das idyllische Cornwall (England) zurück. Laura ist die Frau im Schatten der erfolgreichen Künstlerin und begleitet sie – wenn auch widerwillig – überall hin.
In dem herrschaftlichen Haus wartet allerdings nicht nur Erholung auf die Frauen, denn die Mauern scheinen lebendig zu sein und ihren eigenen Willen zu haben. Die zweite Etage des Anwesens ist dabei besonders unheimlich und erwartet Besucher mit einem stürmischen Empfang, obwohl die Fenster verschlossen sind. Wie kann das sein?
Im Dorf geht schon lange das Gerücht um, dass es dort oben spukt und Ashby House Menschen verschwindet lässt.
Als Laura dann in der Bibliothek mysteriöse Aufzeichnungen über Kinder findet, wenngleich die Ashbys kinderlos blieben, beginnen furchtbare Alpträume und die Legende erwacht – bereit zum Angriff.

Meine Meinung:

Ich finde es wirklich spitze, dass immer mehr Autoren sich Geisterhäusern in ihren Büchern widmen und V. K. Ludewigs Debüt als Romanautor zählt definitiv zu den stärkeren Werken, da es  subtile Spannung mit Horror-Szenarien in einer guten Balance hält und mich Angsthasen sogar dazu verleitet hat, die Deckenlampe beim abendlichen Schmökern anzumachen. 😉

Die Geschichte dreht sich aber nicht nur um das paranormale Geschehen im Domizil, sondern beschäftigt sich ebenfalls mit den persönlichen Problemen der beiden Protagonisten.
Die Schwestern verbindet nämlich eine Art Hassliebe und den ständigen Kontakt zueinander können sie scheinbar nur mit Beleidigungen und Schimpftiraden überstehen. Sympathien baut man für die Shalott Geschwister nur sehr langsam auf (wofür wir von dem Autor in einer Randnotiz sogar Verständnis bekommen), da die Ältere durch ihre Behinderung auf starke Schmerzmittel angewiesen ist und sie bei zu niedriger Dosis unleidlich wird – dagegen erscheint Laura in ihren Reaktionen sehr lieblos und egoistisch. Im Endeffekt verstecken sie hinter dieser harten Schale aber einen weichen Kern, doch ist es für eine Versöhnung vielleicht schon zu spät?

Der gebürtige Thüringer beweist auf 320 Seiten auch Mut zum Kontroversen, indem er beispielsweise den kühnen Butler, den Laura gerne in ihr eigenes Gemach eingeladen hätte, in eine feurige Szene voller Erotik verwickelt und zwar mit einem Mann!
Die eigene Vorliebe des Autors für Hollywood-Horror-Filme wird besonders am Schluss deutlich und seine Begeisterung für atemberaubende Hollywood-Größen wie Greta Garbo, Marilyn Monroe oder Nicole Kidman ist ebenfalls kaum zu leugnen.
Man spürt beim Lesen ganz genau, dass Ludewig sein ganzes Herzblut in das Spukhaus gesteckt hat und auf eine herrlich skurril-geheimnisvolle Weise mich damit begeistern konnte!

„Ashby House“ vereint alle wichtigen Elemente für einen perfekten Leseabend und die Handlung ist wahrlich prädestiniert für einen Blockbuster. Ich würde mir den Film dazu auf jeden Fall anschauen und deshalb ist es mein klares Monats-Highlight!
Ich hoffe sehr, dass wir von dem Autor noch eine Menge Lesefutter bekommen werden. 🙂

Vielen lieben Dank an den dtv-Verlag für dieses schaurig-schöne Rezensionsexemplar!!

Taschenbuch: 320 Seiten

Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. März 2012)

ISBN Nummer: 978-3423213516

Auf der Autoren-Homepage hat V. K. Ludewig übrigens am 7. Februar verkündet, dass es eine Fortsetzung geben wird und darüber freue ich mich riesig! 🙂

http://vkludewig.wordpress.com/category/news/

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Über den Autor (von amazon.de):

Georg Haderer, geboren 1973 in Kitzbühel/Tirol, lebt in Wien. Nach einem abgebrochenen Studium und einer vollendeten Schuhmacherlehre arbeitete er als Journalist, Barmann, Landschaftsgärtner, Skilehrer und ist heute als Werbetexter tätig.

Zum Inhalt:

Kitzbühel wird von dem stadteigenen Tourismusverband als wahres Paradies für Wanderer und Skifahrer angepriesen und auch sonst vereint die Alpenregion viele positive Attribute, welche zum Verweilen und Entspannen einladen.

Major Johann Schäfer hat seine Kindheit dort verbracht, ist allerdings froh nun beruflich in Wien und damit weit weg von den Erinnerungen seiner Jugend zu sein, die mit dem trauten Bild der heilen Bergwelt so gar nichts gemeinsam haben.
Als im beschaulichen Tirol aber ein Geschäftsmann ans Gipfelkreuz genagelt aufgefunden wird, ist schnell klar, dass die Kitzbühler Dorfgendarmen bei diesem heiklen Fall die Unterstützung eines erfahrenen Ermittlers benötigen, der den Verantwortlichen aufspürt und die Sicherheit der wichtigen Urlaubsgäste wiederhergestellt ist. Die Wahl des Vorgesetzten fällt dabei auf den Major, da er nicht nur ortskundige und damit das Vertrauen der Bewohner auf seiner Seite hat, sondern auch eine ausgezeichnete Aufklärungsquote vorzuweisen hat.
Widerwillig macht sich Johann Schäfer auf den Weg in seine Heimat und noch bevor die Recherche beginnen kann, wird schon die nächste Leiche gefunden, dessen Tod der Grausamkeit einer Kreuzigung in nichts nachsteht – er wurde lebendig einbetoniert und alle ahnen, dass das erst der Anfang war.

Meine Meinung:

Mit „Schäfers Qualen“ ist Georg Haderer ein spannendes Debüt gelungen, das nicht nur durch einen  interessanten Plot, sondern vordergründig durch seinen kauzigen Protagonisten überzeugt. Auf dem Revier kann nämlich selbst sein engster Assistent den Erfolg des Eigenbrötlers nicht durchschauen und resigniert, wenn sein Chef Münzen auf dem Tisch hin-und herschiebt, um dabei einen Geistesblitz zu erzielen. Schäfer hält sich bewusst nicht an konventionelle Methoden und bei einem Bierchen oder nächtlichen Absacker kann es auch schon einmal passieren, dass er interne Neuigkeiten an seine Gesprächspartner weitergibt. Der Alkohol ist neben seiner verlorenen Jugendliebe Maria zudem sein größtes Laster und dieser kleine Schwachpunkt, die ein Hüter des Rechts nach Ansicht der Gesellschaft besser nicht mit zum Dienst bringt, machen ihn in meinen Augen sehr menschlich .
Der Autor versucht erst gar nicht seinen Helden in den Himmel zu loben, trotzdem ist er ein genialer Spurensucher mit echtem Tiroler Charme, der mit österreichischer Gemütlichkeit, die Neider gerne auch als Faulheit beschimpfen könnten, auf seine eigene und sehr sympathische Art und Weise dem Mörder immer näher kommt.

Ein kleiner Kritikpunkt richtet sich an teilweise sehr lange Sätze, die mich – verbunden mit der Sprunghaftigkeit von Schäfers Gedanken – etwas verwirrten und diese Stellen dann den Lesefluss stoppten. Gleichzeitig unterstreicht Georg Haderer damit aber auch die Fähigkeit seines Hauptakteurs aus offensichtlich unzusammenhängenden Fetzen mit einer Leichtigkeit die Kernpunkte freizulegen und diese zu einem neuen, logischen Ganzen zu basteln. Verstehen können und sollen wir Leser seine Ideen nicht, zumal er weder uns noch seinem verzweifelten Vorgesetzten über Fortschritte auf dem Laufenden hält. Dadurch lüftet sich aber auch erst zum Schluss der Nebel und wir dürfen über einen Täter staunen, der uns das ganze Buch über an der Nase herumgeführt hat.

Für einen Debüt-Krimi war „Schäfers Qualen“ wirklich sehr schlüssig aufgebaut und mit einem eigenen Stil versehen, der dem erfahrener Autoren in nichts nachsteht. Mittlerweile sind schon zwei weitere Fälle für den Major im Haymon Verlag erschienen („Ohnmachtsspiele“ August 2010 und „Der bessere Mensch“ September 2011) und ich kann es kaum erwarten, bis diese auch als Taschenbuch erhältlich sind – das Cover der dtv-Ausgabe finde ich einfach viel stimmungsvoller. 🙂

Vielen Dank an den dtv-Verlag für dieses Rezensionsexemplar!

Taschenbuch: 320 Seiten

Verlag: Deutscher Taschenbuch Verlag (1. Februar 2012)

ISBN Nummer: 978-3423213424

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Offenbar wurde die junge Frau gepfählt und auf dem Kürbisacker ihres Vaters aufgestellt.“

Was wie ein makaberer Halloween Scherz klingt, ist leider bittere Wahrheit und der zweite Fall für Sandra Mohr und Sascha Bergmann.

Über die Autorin (von amazon.de):

Claudia Rossbacher verbrachte die Hälfte ihres Lebens im Ausland. Mal lebte sie mit ihrer resoluten, allein erziehenden Mutter in Teheran, mal folgten längere Aufenthalte bei ihrem Vater, einem liebenswerten Waffenhändler in Jakarta. Sie studierte Tourismuswirtschaft, arbeitete dann aber in Europas und Japans Mode-Metropolen als Model. Nach weiteren beruflichen Exkursionen als Texterin und Kreativdirektorin führender internationaler Werbeagenturen arbeitet sie heute als freie Autorin und Texterin in Wien. Sie schreibt bereits an einem zweiten Thriller, der die Leser nach Mallorca und Berlin in die scheinbar glamouröse, in Wahrheit jedoch menschenverachtende, tödliche Welt der Unterhaltungsmedien führt.

Zum Inhalt:

Die schöne Studentin Valentina wurde das Opfer eines augenscheinlichen Ritualmörders und ein besonderes Schmuckstück um den Hals der Leiche erregt die Aufmerksamkeit der jungen Ermittlerin – ein Lederband mit silbernen Herzanhänger auf dem der Anfangsbuchstabe der Toten eingraviert wurde. Warum musste die beliebte Frau sterben und kannte sie vielleicht sogar ihren Mörder? Sandra Mohr ist von der Grausamkeit der Tat schockiert und vermutet, dass es keine Einzeltat war. Können sie den Killer schnappen, bevor noch weitere Frauen sterben?

Meine Meinung:

Als Krimi-Fan kann man mich mit erschossenen oder ertrunkenen Menschen eigentlich nicht mehr schocken, denn diese Todesursachen verlieren mit der Zeit an Schrecken und werden beinahe unspektakulär. Claudia Rossbacher hat sich da ein durchaus imponierende Alternative für ihr Opfer ausgedacht und nimmt uns Leser damit mit ins tiefste Mittelalter, wo außergewöhnliche Foltermethoden an der Tagesordnung waren und wir heutzutage darüber nur noch abgestoßen das Gesicht verziehen können. Dabei kommen mit Sicherheit auch hartgesottene Leser nicht umhin über das Beschriebene zu schaudern, wenngleich die Autorin uns netterweise unappetitliche Einzelheiten erspart.

Neben dem Kriminalfall dürfen wir natürlich auch einen Blick in das Polizeipräsidium werfen und können uns an den Reibereien der Protagonisten erfreuen, die mit Miriam eine erfrischende Unterstützung in ihrem Team zu verzeichnen haben. Die neue Kollegin schwebt mit dem kontaktfreudigen Sascha auf einer Welle und gemeinsam reizen sie mit ihren anzüglichen Witzen bzw. unpassenden Bemerkungen der bodenständige Sandra stark die Nerven. Die Zusammenarbeit läuft mühelos, doch der richtige Durchbruch lässt auf sich warten, auch wenn der gutbetuchte Ex-Freund von Valentina und dessen Vater in den Fokus der Ermittlungen rücken, da die Studentin ein kleines Geheimnis von großer Bedeutung mit in den Tod genommen hat.

Da „Steirerblut“, wie der Name schon sagt, in der Steirermark und dadurch im tiefsten Österreich spielt, war meine Befürchtung, dass ich ständig zwischen dem Glossar im hinteren Teil und der aktuellen Seiten wechseln müsste, doch auch Nordlichter kommen ohne Probleme mit den wenigen unbekannten Begriffen zurecht, sodass das Glossar nur ein nützliches Extra und ein witziger Abschluss zum Buch war.

Das Cover muss ich einfach, wie bei jedem Buch aus dem Gmeiner Verlag, positiv hervorheben und das Herz zieht sich wie ein roter Faden durch den Krimi, da sich auch im Privatleben des Duos bzw. Trios einiges verändert.

Die Täterfrage konnte ich für mich verhältnismäßig schnell beantworten (und lag damit sogar richtig ;-)), was mich aber nicht gestört hat, weil durch das offene Motiv noch ein Restrisiko übrig blieb und auch die Nebenhandlungen prima zur Spannung beigetragen haben! Am liebsten würde ich sofort in den nächsten Fall schnuppern, doch da muss ich mich bis zum Februar 2013 gedulden, aber für ein gutes Buch tut man das doch gerne..

Pfiat‘ Di, Sandra – bis zum nächsten Jahr. 🙂

Broschiert: 278 Seiten

Verlag: Gmeiner; Auflage: 1., Aufl. (13. Februar 2012)

ISBN Nummer: 978-3839212431

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